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DIE HYPERFOKAL-DISTANZ
WANN MANUELLER FOKUS BESSER IST

Hyperfocal_21mm

BEREICH DER SCHÄRFENTIEFE

Bevor wir zum Begriff der Hyperfokal-Distanz kommen, hier ein Beispiel am ausschließlich manuell fokussierbaren Objektiv LEICA 21mm SUPER-ANGULON f4.

Ich mache 90% meiner Aufnahmen bei gutem Licht und halte mich an das Sprichwort: "Wenn die Sonne lacht, nimm (Blende) acht." Bei diesem 21mm Objektiv bedeutet das, dass wenn ich Blende 8 einstelle (1) der Schärfebereich von 1m (2) bis unendlich geht (3).

Ich brauche also nur das Objektiv so einstellen, dass das Unendlichkeits-Symbol vor der gewählten Blende steht (hier die Blende 8), und dann kann ich das Scharfstellen vergessen - alles zwischen den beiden 8er Markierungen liegt jetzt im Schärfebereich.

Bei dieser Einstellung bedeutet das, dass alles zwischen 1m und unendlich im Bereich der Schärfentiefe liegt!

DIE HYPERFOKAL-DISTANZ

Die Hyperfokal-Distanz ist diejenige Entfernung, die ich einstellen muss, damit der gewünschte Bereich in der Schärfe-Ebene liegt.

Wenn ich will, dass alles bis hin zur Unendlichkeit im Fokus liegt, dann muss ich bei diesem Objektiv den Fokus-Ring auf etwas über zwei Meter stellen (siehe grüner Pfeil). Bei diesem Beispiel wären also zwei Meter die Hyperfokal-Distanz.

Ist der Fokus-Ring auf die richtige Hyperfokal-Distanz eingestellt, dann habe ich meine Schärfentiefe von 1m bis unendlich. Wenn man - wie hier - ein Objektiv hat, das die Schärfentiefe relativ zur gewählten Blende anzeigt, dann braucht man also nur den gewünschten Bereich zwischen die zwei Blenden-Markierungen zu schieben und schon kann man sich dann ganz auf die Komposition der Aufnahme konzentrieren.

Hyperfocal_21mm_Y
Hyperfocal_35mm

JE LÄNGER DIE BRENNWEITE . . .

. . . umso kürzer wird der Bereich zwischen den beiden 8er Markierungen.

Bei diesem 35mm Objektiv beginnt der Schärfebereich nicht bei 1m, wie oben bei dem 21mm Objektiv, sondern erst bei 2,5m, wenn wir rechts bis unendlich einstellen wollen.

Wenn ich so arbeite, muss ich also nicht mehr im Sucher scharf stellen, sondern nur vorher am Objektiv. Und kann dann, mit etwas Übung, auch aus der Hüfte fotografieren, ohne jemand mit der Kamera nervös zu machen.

Bei 50mm Brennweite und Blende 8 habe ich aber nur noch den Bereich 5m bis unendlich, da wird der Autofokus dann schon wichtiger.

DIE GRENZEN DER HYPERFOKAL-STRATEGIE

  1. Brennweite
    Richtig gut funktioniert die Vorab-Einstellung der Schärfentiefe nur bei Objektiven mit weniger als 40mm Brennweite. Über 40mm funktioniert das zufriedenstellend nur bei nicht beweglichen Motiven, z.B. bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen.
    .
  2. Lichtverhältnisse
    Wenn es dunkler wird und die Blende geöffnet werden muss, dann wird auch meine Schärfentiefe dünner. Meine LEICA SL2 kann das noch bis zu einem gewissen Grad durch eine höhere ISO und die eingebaute Bildstabilisierung (IBIS) ausgleichen, aber auch bei ihr käme der Moment, wo die Blende geöffnet werden muss.
10
AutofocusContra

DIE GRENZEN DES AUTOFOKUS

Nehmen wir einmal an ich stehe am Ufer eines Sees und in 3m Entfernung von mir ragt ein Stein aus dem Wasser heraus, den ich mit auf dem Bild haben möchte - und zwar scharf.

Wenn ich mit einem 35mm Objektiv mit Autofokus unterwegs bin und einheitlich von 2,5m bis unendlich alles scharf haben möchte (Bereich zwischen den roten Linien), dann stört es natürlich, wenn der Autofokus bedingt durch die Komposition den 3m entfernten Stein scharf stellt (1), weil  die Schärfe dann bei Blende 8 nicht mehr bis unendlich geht (2). Und würde der Autofukus auf unendlich scharf stellen, dann wäre der Stein im Vordergrund nicht mehr im Bereich der Schärfe.

Hier stört der Autofokus genauso wie z.B. bei der Streetfotografie, wenn er auf Bereiche scharf stellt, die entweder im Vorder- oder im Hintergrund unerwünschte Unschärfe erzeugen.

 

NEUE OBJEKTIVE HABEN OFT KEINE SKALA MEHR

Wie bei diesem 35mm APO-SUMMICRON-SL von LEICA werden auf neuen Objektiven oft keine Schärfentiefe-Skalen mehr angebracht. Da braucht man dann eine App, die einem die Bereiche der Schärfentiefe berechnet - und das ist dann mehr als umständlich.

35mm summicron-sl
ProContra

PRO UND CONTRA

1. Gewicht und Abmessungen:

  • MF / LEICA 35mm SUMMICRON-R f2 = 430g schwer, 66x54mm.
  • AF / LEICA 35mm APO-SUMMICRON-SL = 720g schwer, 73x102mm.

Meine Lieblings-Brennweite sind 50mm. Die 35mm brauche ich nur zur Ergänzung und da bin ich froh, wenn das in meiner Fototasche nicht viel Platz wegnimmt und nicht so viel wiegt.

2. Preise:

Mein manuelles (MF) 35mm Objektiv kostet z.B. bei eBay, je nach Zustand zwischen € 800 und € 1.200. Das gilt für 3cam-Objektive, die ROM-Versionen sind etwa doppelt so hoch im Preis.

Das 35mm APO mit Autofokus (AF) kostet derzeit € 4.400, also vier Mal soviel wie ein 3cam-Objektiv und dopelt so viel wie die ROM Variante. (Der Unterschied zwischen den beiden Versionen ist, dass nur die Objektive mit ROM über Kontakte verfügen, die der Kamera melden, welches Objektiv da im Einsatz ist, damit In-Kamera-Korrekturen greifen können)

Und ich bin meist bei gutem Licht unterwegs und kann die Blende so immer auf mindestens f8 schließen. Wie oben ausgeführt hat ein Autofokus unter diesen Bedingungen für mich meist nur Nachteile.

 

HILFEN BEIM SCHARF STELLEN

Wie meine LEICA SL2 bieten viele Kameras neueren Datums Hilfen für das Scharfstellen an - das sogenannte Focus Peaking.

Wie auf der Abbildung zu sehen, werden alle Objekte, die in der Schärfe-Ebene liegen, rot umrandet. Der kleine Adapter im Vordergrund liegt außerhalb der Schärfentiefe, ebenso der Lichtstrahler oben rechts.

Der Fokus liegt hier auf den Objektiven, die alle die roten Linien aufweisen. Dadurch wird manuelles Fokussieren sehr erleichtert, was ein weiteres PRO-Argument ist - oder zumindest den Nachteil eines fehlenden Autofokus zum Teil wieder ausgleicht.

FocusPeaking
ROLLEI35SE

KLEIN & OHO, ABER . . .

. . . ohne Entfernunsgmesser!

Die ROLLEI 35 SE ist eine der kleinsten, analogen Kameras, die eine 35mm-Filmspule mit 36 Aufnahmen laden können. Sie hat ein ausziehbares Objektiv, das für seine sehr hochwertige Bildqualität bekannt ist, aber sie hat keinen Entfernungsmesser im Sucher.

Man muss die Entfernung schätzen, und dann am Objektiv einstellen. Da liegt man schnell daneben und verliert dadurch das Foto.

Wer sich auskennt und hier die Hyperfokal-Strategie anwendet, der kann durch großzügig bemessene Schärfentiefe dafür sorgen, dass die Trefferquote deutlich ansteigt.

Bei Interesse an mehr Infos zu dieser Kamera, hier klicken.